Küssnachter Künstler und Kulturpolitiker begrüßen, dass der Kanton Schwyz erstmals veröffentlicht, wer wie viel Geld aus dem Lotteriefonds erhält. Sie wünschen sich allerdings, dass weitere Details dazu offengelegt werden.

11,5 Mio. Franken schüttete der Kanton Schwyz vergangenes Jahr aus dem Lotteriefonds aus. Auf 17 Seiten listete das Finanzdepartement Anfang April auf, an wen wie viel Geld floss. Zuvor hatte es jeweils nur die Namen der Begünstigten genannt, nicht aber die ausbezahlten Beiträge offengelegt. Die neue Transparenz ausgelöst hatte ein Gesuch eines Künstlers.

Bei lokalen Kunst- und Kulturschaffenden kommt die Publikation gut an. Der sprach mit sieben von ihnen. Alle begrüßen den Schritt. Es sei absolut an der Zeit, findet etwa die Malerin Anne Guttormsen Fraser. „Ich finde es sehr wichtig, dass diese Zahlen offen kommuniziert werden“, sagt die Filmemacherin und Künstlerin Mirjam Landall. Auch Mathias Bachmann (Mitte) und Martin Rafia (SP), die der Bildungs- und Kulturkommission des Kantonsrats angehören, begrüßen die neue Transparenz.

Erläuterungen erwünscht

Vollends glücklich sind die Küssnachter Künstler und Bildungspolitiker allerdings nicht. „Ich finde es schwierig, diese Zahlen richtig zu lesen und zu interpretieren“, sagt Mirjam Landolt. So könnte beispielsweise der Eindruck entstehen, dass Direktbeiträge an Künstler eine Art Lohn seien. Damit müssten aber oft Produktionskosten bezahlt werden, so Landolt. Diana Seeholzer malt und macht Objektkunst und Installationen. Sie findet die Liste zwar spannend, wünscht sich aber mehr Infos. So wie die Liste nun vorliegt, habe man keine Ahnung, für was und warum die Beträge gesprochen worden seien, moniert sie. Das könnte zu Falschinterpretationen führen und negative Emotionen schüren, insbesondere wenn man sich damit zu wenig fundiert auseinandersetze.

Gestalter René Habermacher bezeichnet die Liste als „undurchsichtig“. Wofür jemand oder eine Institution einen Beitrag aus dem Lotteriefonds erhalten habe, sei nicht ersichtlich: „Geht es um einen Förderbeitrag, einen Atelieraufenthalt oder einen Ankauf?“ Zeichner, Illustrator und Maler Andreas Gefe war überrascht, als er seinen Namen auf der Liste entdeckte. „Dann kam mir in den Sinn, weshalb: Der Betrag war für den Ankauf meiner Bilder.“ Wenn man schon Transparenz schaffe, solle diese auch nachvollziehbar sein, findet Gefe. Nur so könne man sich kritisch mit der Verteilung der Lotteriegelder auseinandersetzen. Ansonsten riskiere man eher kleinbürgerliche Neiddiskussionen. Guido Hauser, der in den Bereichen Malerei, Zeichnung, Lithografie und Objektkunst tätig ist, schlägt vor, zumindest Beträge über 10.000 Franken mit Stichworten zu ergänzen.

«Es ist oft schwierig, diese Zahlen richtig zu lesen und zu interpretieren.»

Mirjam Landolt, Filmemacherin/Künstlerin

Worauf basieren Vergabeentscheide?

Völlig unklar ist Betrachtern der Liste auch, hinter welchen Beiträgen Leistungsvereinbarungen stecken, so wie es etwa bei den alljährlichen 385.000 Franken für das vom Wirtschaftsamt herausgegebene <Y-Magazin> der Fall ist. „Nun müssen auch diskussionslos Leistungsvereinbarungen transparent gemacht werden“, fordert Mitte-Kantonsrat Mathias Bachmann. „Nur so können die Zahlen konstruktiv diskutiert werden.“

Die meisten der angefragten Kulturschaffenden wären froh, wenn auch die Vergabekriterien für die Lotteriefondsgelder offengelegt würden. Die Grundlagen, auf denen über Gutsprachen entschieden werde, müssten transparent und nachvollziehbar sein, findet die bildende Künstlerin Katrin Odermatt, die sich im Aktionskomitee Schwyz Kultur engagiert. So wüssten Gesuchsteller, was erforderlich sei und nach welchen Kriterien entschieden werde. „Die letzte Gerechtigkeit wird es aber natürlich nie geben“, ist sich Odermatt bewusst.

300000 Franken für ein Museum

Zwischen den über 1.000 ausgewiesenen Beiträgen herrscht eine riesige Bandbreite. Er habe es ausgerechnet, sagt René Habermacher: „1,6 Prozent aller Begünstigten erhielten gesamthaft 54 Prozent der Beträge.“ Unter anderem wundert sich Habermacher über die 300.000 Franken, die für die Einrichtung des Marchmuseums nach Toggenburg flossen. „Grundsätzlich bin ich dafür, dass man Menschen und kulturelle Tätigkeiten unterstützt und fördert und nicht schöne, teure Einrichtungen“, sagt Habermacher. „Wie viele Menschen aus dem Kanton Schwyz werden dieses Dorfmuseum besuchen?“, fragt er und stellt die Verhältnismäßigkeit zur Debatte.

Eigentlich argumentiert Habermacher voll auf der Linie des kantonalen Kulturförderleitbilds: Die Schwyzer Kulturförderung fokussiere auf die Unterstützung von Projekten, heißt es dort. Gegen einen Kurswechsel hätte SP-Kantonsrat Martin Rafia indes nichts: „Wichtiger als das Zerpflücken einzelner Posten scheint uns die Forderung, dass der Kanton Schwyz in Ergänzung zur bestehenden Projektförderung endlich auch eine echte Objektförderung installiert.“

Kulturgelder für Standortförderung?

Auf die Frage, ob sie irgendwelche Begünstigte oder Beträge besonders störten, nennen Küssnachter Künstler und Kulturpolitiker insbesondere das <Y-Magazin>, das Sechseläuten und zwei Gewerbeausstellungen. Weshalb das als Wirtschaftsförderungspublikation konzipierte <Y-Magazin> aus dem Lotteriefonds und dort aus dem Kulturtopf finanziert wird, kann sich niemand erklären. „Damit habe ich wahnsinnig Mühe“, sagt etwa René Habermacher. Tatsächlich lässt sich diese Finanzierung kaum mit der Zweckbestimmung des Lotteriefonds vereinbaren. Der Regierungsrat rechtfertigt sie damit, dass der Stellenwert des <Y-Magazins> in der kantonalen Kommunikation inzwischen weit über die Standortförderung hinausreiche und Kultur, Wirtschaft und Lebenswelten vereine. „Es ist gut gemacht, aber absoluter Luxus“, sagt Künstler Guido Hauser. „Im Verhältnis zu anderen Projekten ist das Magazin viel zu hoch dotiert.“ Tatsächlich geizt das <Y-Magazin> nicht mit kulturellen Inhalten, das anerkennen auch Kulturschaffende. „Für uns ist das Magazin eine gute Möglichkeit, uns vorzustellen“, sagt etwa Katrin Odermatt.

«Wenn man schon Transparenz schafft, sollte sie auch nachvollziehbar sein.»

Andreas Gefe, Zeichner/Illustrator

Gewerbeausstellungen profitierten

Fragezeichen setzen manche Gesprächspartner auch zu Beiträgen aus dem Schwyzer Lotteriefonds für ausserkantonale Einrichtungen oder Veranstaltungen. Genannt werden unter anderem das Verkehrshaus (101.711 Franken) in Luzern, das Schweizer Museum für Wild und Jagd im Schloss Landshut in Utzensdorf (30.000 Franken), das Jazz Festival Willisau (3.000 Franken) oder das Haus der Volksmusik in Altdorf (20.000 Franken). Martin Rafia findet es zumindest „bemerkenswert“, dass Letzteres 2023 mehr Geld erhielt als das Theater Arth (17.500 Franken).

Die Rückmeldungen der Künstler und Kulturpolitiker verdeutlichen, dass die vom Finanzdepartement geschaffene Transparenz zahlreiche Fragen aufwirft und Diskussionen auslöst, denen nur mit noch mehr Transparenz beizukommen ist. Unweigerlich landet man bei der kulturpolitischen Grundsatzfrage, warum der Kanton Schwyz als einziger Kanton kein Kulturgesetz hat. Aus Sicht der Künstler ist der Kanton deshalb in Sachen Kultur orientierungslos, was der zuständige Regierungsrat Michael Stähli vehement bestreitet.

Der reiche Kanton Schwyz sei in Sachen Kultur und Kulturförderung noch nie ein Vorbild gewesen, bedauert Guido Hauser. Deshalb könne es durch kritisches Hinterfragen der Lotteriegelder eigentlich nur besser werden. „Hätte der Kanton Schwyz wie alle anderen ein Kulturgesetz, käme man einen großen Schritt vorwärts“, ist er sich sicher. Die Publikation der Lotteriefondsbeiträge dürfte diese Debatte weiter befeuern.

Hinweis: Die 17-seitige Auflistung der Lotteriefondsbeiträge 2023 ist unter diesem Link zu finden.

Erschienen im Freier Schweizer,
7. Mai 2024, Fabian Duss

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